Ulrich Schödlbauer: Homomaris oder die Geburt der Bilder [69]

Auf einem Blatt aus den frühen Sechzigern, Spannungsfelder im Ruhrgebiet, lässt sich dieser Ringkampf besichtigen: der polymorphen Kunstgestalt tritt auf einem mechanischen Gestell ein lorbeergekränzter, krähenfüßiger Imperator entgegen. Schreibfedern stechen aus seinen Armstümpfen hervor. Die Position des Imperators erscheint nicht günstig, er steht, ungeachtet der untergeschobenen Apparatur, in der Luft. Nach hinten hin nimmt die an der Front mit Tiermasken behängte Apparatur das Aussehen einer Folterbank an. Ein grauer Dämon drängt sich an die feldbeherrschende Figur des Imperators. Zweifellos umgibt sie die Aura der Macht, doch erinnert die Szene zu sehr an Ödipus und die Sphinx, um nicht trübe Vorahnungen zu wecken. Das Kunstwesen steht mit beiden Beinen auf dem Boden. Auch in seinem Rücken gibt es ein Gestell, nach der Mondsichel geformt, in Flügel und Blattwerk auslaufend, eine Hommage à Max Ernst. Zweifellos vertritt es der Vogelscheuche den Weg. Sein Pferdekopf erinnert, wie an manches andere, so auch an die Pariser Gruppe Acéphale, die in den dreißiger Jahren um den ›kopflosen‹, dem Gefängnis der Ratio entronnenen Menschen eine Art Kult zelebrierte. Mersmanns frühe Parteinahme für den Surrealismus erscheint hier noch einmal in einer reflektiert zu nennenden Manier. Der Konstruktivismus, so wird man das Blatt ›lesen‹ dürfen, ist Teil einer Bewegung, die im Scheitern des faschistischen Welteroberungsversuchs nur einen vorläufigen Abschluss gefunden hat.