Ulrich Schödlbauer: Homomaris oder die Geburt der Bilder [46]

Was ist, so lässt sich fragen, der Grund dieser stummen Verzweiflung, die aus den Bildern Mersmanns hervorleuchtet und in seinen Schriften hin und wieder beredt wird? Was kann einen Maler bewegen, das offenkundige Misserfolgskonzept eines anderen zu übernehmen und unbeirrbar an ihm festzuhalten? Man mag die Frage für verrückt halten, da über Erfolg oder Misserfolg einer Sache in den seltensten Fällen entschieden ist, solange sie noch in den Anfängen steckt. Die Geschichte der Kunst bezeugt, dass Konformismus nur Mitläufer hervorbringt, deren Werke irgendwann dem Vergessen übereignet werden. Insofern folgt Mersmann einem klassischen Muster: er nimmt die schon verloren geglaubte Sache dort auf, wo der Vorgänger sie niedergelegt hat und trägt sie weiter – ob zum Erfolg oder zur endgültigen Niederlage, das wird sich weisen. Er nimmt sie – das ist wichtig – aus freien Stücken auf, nicht, weil ihn ein Ressentiment gegen die Modernen bewegt. Im Gegenteil: die eigene Herkunft müsste ihm, wenn es auf Herkunft ankäme, den Zugang, wenn schon nicht zu den Bildern, so doch zu den Verlautbarungen des anderen verlegen. So atmet seine Schilderung der Begegnung den Geist der Groteske. Die Distanz ist da, sie wirkt wie eine unsichtbare Sperre, hinter der das Antlitz des geschätzten Malers auftaucht wie das eines entfernten Angehörigen, den eine Verzweiflungstat hinter Gitter gebracht hat und den man jetzt mustert, als müsse man ihm anmerken, was einem früher durch Unachtsamkeit entgangen ist. Der Kontakt, der sich herstellt, nimmt die Distanz in sich auf, verwandelt sie in eine Faszination, die man ästhetisch nennen könnte, schlösse sie nicht das unbezweifelbare, wenngleich schwer greifbare Moment der Gefolgschaft ein.